Der Altar der Kaufmannskirche
Alle Kunstwerke des Altarraumes überragt an Größe und Bedeutung der 1625 von dem jüngeren Hans Friedemann, wohl unter Mitarbeit seines Bruders Paul, geschaffene Altar. Wahrscheinlich wegen der Wirren des Dreißigjährigen Krieges blieb er jedoch bis zum Jahre 1671 unbemalt. Sein Aufbau lässt vielleicht in Grundzügen das durch den Gewölbeeinsturz 1594 zerstörte spätgotische Vorbild erkennen, an dessen Stelle er trat: einen Flügelaltar mit Predella (Sockel), Mittelschrein, Seitenflügeln und Gesprenge (Bekrönung); doch sind die Flügel jetzt feststehend geworden.
Das Fortleben gotischer Tradition ist in den bewegten Gestalten des Herrn und seiner Jünger im zentralen Abendmahlsbild spürbar, in denen sich die Erregung über die Kunde von dem Verrat widerspiegelt. Stilistisch weist das Werk über die Renaissanceschöpfungen in der Kirche hinaus. Die Wende zum Frühbarock zeigt sich in dem großen Bewegungsreichtum, in einer Verlebendigung der Form und Vertiefung des Ausdrucks, die uns das Mittelstück eben in die Nähe gotischer Bildwerke rücken lässt. Aber auch ganz allgemein sind Form und Umriss aufgelockert, am stärksten erkennbar in dem dreigeschossigen Überbau sowie in der Verwendung des Knorpel- und Schweifwerkornaments, das an die Stelle des Rollwerks der älteren Friedemannschen Werke getreten ist.
In seinen Bildinhalten kündet der Altar, ganz im evangelischen Sinn, allein vom Leben und Werk Jesu Christi. Es geschieht in sinnvollem Aufbau. Um die Szene des Abendmahls als Sammel- und Blickpunkt der sich unter ihr zum Empfang des Sakramentes vereinigenden Gemeinde gruppieren sich, durch prächtige Kompositsäulen davon getrennt und an ihrem äußeren Rand von Statuetten der Evangelisten flankert, die Flügelreliefs mit Verkündigung (links unten), Geburt (links darüber), Beschneidung (rechts unten) und Taufe (rechts darüber). Im Oberbau sehen wir zentral die Kreuzigung und zu ihren Seiten die Auferstehung (links) und die Himmelfahrt (rechts), darüber das Weltgericht mit ewigem Leben (links) und Verdammnis (rechts) und zu oberst, auf dem Regenbogen erscheinend, Christus als Weltenrichter .
Als Kunstwerk gehört der Altar der Kaufmannskirche zum Hervorragendsten, was die Stadt an nachmittelalterlicher Plastik besitzt